Der Blick auf die Medien
medienspiegel
schlagzeilen
hintergrund
extra
meinung

lesen

anschauen

hören

anklicken
archiv
gästebuch
intern
impressum
kontakt
© medienspiegel
Deutsche Journalisten an der Front

Der Aufwand der deutschen TV-Medien im Irak-Krieg war enorm: Live-Kameras in Bagdad, Korrespondenten, die direkt aus der Schlacht berichteten oder erstmalig US-Truppen beim Vormarsch begleiteten – jeder Sender buhlte um die Gunst der Zuschauer. Beim Wettstreit um die besten Bilder und Informationen gab es keine Grenzen. Und keine Regeln.

„Wenn es zu gefährlich wird, brechen wir ab“, versuchte die ARD-Moderatorin im Berliner Hauptstadt-Studio den nervös wirkenden Reporter während der Live-Schaltung zu beruhigen. „Das geht schon in Ordnung“, verneinte er. Sein Name: Stephan Kloss. Er war einer der deutschen Journalisten, die den Bombardements und der Lebensgefahr zum Trotz in Bagdad ausharrten. Einfach war sein Job mit Sicherheit nicht. Seinen Pass müsse er bei Ausstrahlungen abgeben, zudem würden überall irakische Aufpasser wachen, berichtete der 33-Jährige. Währenddessen schlugen in 300 Meter Entfernung die Marschflugkörper der Alliierten ein.

„Der beste Mann an der Front“

Für RTL und seinen Junior-Partner n-tv war Antonia Rados in Bagdad „stationiert“. Die Österreicherin war laut Spiegel-Online die professionellste Korrespondentin vor Ort: „Der beste Mann an der Presse-Front“, titelte das Nachrichtenmagazin kürzlich. Die studierte Politikwissenschaftlerin war seit Januar in der irakischen Hauptstadt. Ihre Informationen erhielt die 49-Jährige nach eigenen Angaben von den offiziellen Medien, den Menschen vor Ort und dem, was sie mit ihren eigenen Augen sehe. Eine Gratwanderung, die die langjährige Nahost-Berichterstatterin beherrscht. Die Journalistin war schon in etlichen Krisengebieten: Golfkrieg 1991, Balkan- und Afghanistan-Krieg. Keine leichten Unterfangen: „Nur Helden und Idioten haben keine Angst“, gab Rados offen zu.

Antonia Rados - "Der beste Mann an der Front" (Zitat: Spiegel-Online)
Bild: Copyrights by RTL®


Erfahrungstechnisch hatte Rados ihrem jungen ARD-Kollegen einiges voraus. Vor dem Irak-Krieg war der Name Kloss in der Riege der Kriegsberichterstatter unbekannt. Der freie Journalist aus Leipzig fuhr auf eigene Kosten in den Irak und bot sich TV-Sendern an. Der Plan ging auf: aus Gründen der Sicherheit zog das Erste noch vor Kriegsbeginn seinen festen Reporter Jörg Armbruster in das vorerst sichere Jordanien nach Amman ab. Freiwillig oder unfreiwillig? Jedenfalls hagelte es für diese Entscheidung Kritik von Presseverbänden und Organisationen - sogar aus den eigenen Reihen der öffentlich-rechtlichen TV-Anstalten. In einem Spiegel-Interview missbilligte „heute journal“-Moderator Klaus-Peter Siegloch die Unterscheidung zwischen festen und freien Journalisten. Denn würde Armbruster etwas zustoßen, müsste das ZDF zahlen. Und in Kloss´ Fall? Da wäre der Mainzer TV-Sender fein raus – sprich: nicht verantwortlich.

In den folgenden Wochen hielt Kloss die Stellung in Bagdad – auf eigenes Risiko. „Big chance“ für den mutigen Freien, das wusste er selbst. Eine Chance, sich als „Bulletproof“ im knochenharten Business zu behaupten. Was zieht Journalisten immer wieder in die umkämpften Gebiete? Peter Scholl-Latour, ein „alter Hase“ unter den Kriegsreportern, verrät, was ihn immer wieder reizte: „Nun ja, ich wollte die Situation erfassen, an Ort und Stelle spüren.“

Schlagabtausch unter Kollegen: SWR-Reporter und ARD-Korrespondent Jörg Armbruster (links) verließ Bagdad, stattdessen berichtete während des Irak-Krieges Stephan Kloss (rechts), SWR-Korespondent für die ARD in Bagdad.
Bilder: SWR


Auch Christoph Maria Fröhder ist ein Freier, der für das Erste aus Bagdad berichtete. Die Aufgaben zwischen ihm und Kollege Kloss waren dabei streng geregelt: Kloss war für die Live-Schaltungen zuständig, Fröhder sollte Hintergrundreportagen liefern. Auch in Kriegszeiten war Fröhder stets bemüht, den Zuschauern möglichst „echte“ Geschichten zu liefern. In einem Interview mit „Neues Deutschland“ kritisiert er die „großen Anstalten“. Diese hätten vielfach Material genutzt, das freiberufliche Kameraleute, „Iraker vornehmlich, aber auch Türken und Iraner“, gedreht hatten. Solchen Methoden entgegnete Fröhder gegenüber der Zeitung „Neues Deutschland“: „Ich finde es wichtig, dass der Zuschauer weiß, der Reporter war vor Ort und hat das, was er im Kommentar erzählt, selbst gesehen. Nur so wird ihm geglaubt.“

Sicherheit mit Engpässen

Fakt ist: Wer sich in ein Krisengebiet begibt, muss immer mit einem Restrisiko leben. Anderes zu behaupten, ist fahrlässig. Vor der Fehleinschätzung möglicher (Lebens-) Risiken in Kriegsgebieten warnte auch der Auslandsredakteur des Magazins Stern. In dem mit einem Oscar prämierten Dokumentarfilm „War Photographer“ (Kriegsfotograf) betont Hans-Hermann Klare: „Üblicherweise erwischt es im Krieg zwei Sorten von Journalisten. Die, die zum ersten Mal dabei sind, und die, die zu lange dabei sind.“

Lange dabei ist auch der ZDF-Korrespondent Ulrich Tilgner. Der 55-Jährige harrte mit Antonia Rados und Stephan Kloss im Krisengebiet Bagdad aus. Die drei teilten viel: Informationen, Sendetechnik - sogar die von den Irakis festgelegten Drehorte. Für das ZDF ist Tilgner sozusagen das Urgestein in der Berichterstattung. Selbst bei Live-Schaltungen mit einem Bombenteppich als Kulisse wirkte er gelassen, fast schon routiniert – und glaubwürdig. „Tilgner ist ein sehr erfahrener Journalist, der die Golfregion seit vielen Jahren intensiv beobachtet und auch im Irak sehr ortskundig ist“, beschrieb ZDF-Chefredakteur Nikolas Brender seinen fest angestellten Bulletproof.

Schwarze Tage in der Kriegsberichterstattung

Als sehr erfahren und ortskundig galt ebenfalls der britische Star-Reporter Terry Lloyd. Der 55-jährige Journalist des TV-Senders ITN wurde am 23. März aus Versehen von Alliierten erschossen. Und Lloyd sollte nicht der einzige Journalist sein, der sein Leben in Irak verlor. Denn die Bilanz dieses Krieges ist ernüchternd. Die Journalistenvereinigungen zählen derzeit 12 getötete Reporter. Das entspricht etwa einem Prozent der 1000 Kollegen. Spiegel Online lieferte seinen Lesern Mitte April eine bittere Rechnung: Die Todesrate der Journalisten sei etwa 10-mal höher als bei den alliierten Truppen. Dort seien von 125 000 Soldaten 136 ums Leben gekommen.

Den zweiten Mitarbeiter im Irak-Krieg verlor ITN am 30. März. Ein Wachmann fand den Reporter Gaby Rado auf dem Parklatz eines Hotels. Rado erlag im Krankenhaus seinen schweren Kopfverletzungen. Der 48-Jährige soll bei Dreharbeiten vom Dach gefallen sein, gab die Nachrichtenagentur Agence France Press (afp) bekannt.

Wenig Glück hatte zuvor auch der Australier Paul Moran. Der ABC-Journalist kam im Nordirak am 22. März bei der Explosion einer Bombe ums Leben - gezündet von einem Selbstmordattentäter der radikal-islamischen Gruppe Ansar-e Islam.

Die Kritiken gegenüber den Truppen wirken schwer. Vor allem der 8. April sollte ein schwarzer Tag in der Geschichte der Kriegsberichterstattung werden. Tarik Adschub, Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira, berichtete live vom Dach des freistehenden Senderbüros in Bagdad. Eine US-Maschine soll zur selben Zeit zweimal über das Gebäude geflogen sein. Anschließend feuerte es zwei Raketen ab. Adschub überlebte diese Attacke nicht. Die Amerikaner beschossen noch am selben Tag das benachbarte Büro von Abu Dhabi TV. Ob es Zufall oder Absicht war, ist bislang nicht geklärt.


Journalisten und Mitarbeiter,
die im Irak-Krieg ihr Leben verloren:
† Paul Moran, ABC
† Terry Lloyd, ITN
† Gaby Rado, ITN
† Kaveh Golestan, BBC
† Michael Kelly, Atlantic Monthly
† Christian Liebig, Focus
† Julio Anguita Parrado, El Mundo
† José Couso, Reuters, Tele Cinco
† Taras Protsyuk, Reuters, Tele Cinco
† Tarik Adschub, al-Dschasira
† Kamaran Abdurazaq Muhamed, BBC
† David Bloom, BBC


Die Journalisten, die am Hotel Palastine veletzt und getötet wurden, fielen ebenfalls den Schüssen der amerikanischen Waffen zum Opfer. Reporter der Nachrichtenagentur afp berichteten, dass ein Panzer der US-Truppe die Kanone auf das Hotel richtete. Nur wenige Augenblicke später gab es Mündungsfeuer. Bei diesen Angriffen kamen die Kameraleute Taras Protsyuk und José Couso ums Leben. Sie filmten für die englische Agentur Reuters und den spanischen Sender Tele Cinco. Später rechtfertigten sich die Amerikaner mit Selbstverteidigung. Sie hätten nur auf feindliches Feuer aus den Medienzentralen reagiert. Von den Journalisten vor Ort konnte keiner bestätigen, dass sich in der Umgebung Heckenschützen aufhielten. Spekulationen ziehen die Verwechslung der Kameraausrüstung mit Panzerfäusten in Betracht.

Das Risiko reist mit

Schützen kann sich ein Journalist vor solchen Unglücken mit Sicherheit nicht. Noch nicht einmal vorbereiten. Grundlegende Verhaltensregeln in Krisengebieten können aber trainiert werden. Beispielsweise die Bundeswehr bietet seit 2001 eine Basiseinweisung für Journalisten an. In dem fünftägigen Kurs im Ausbildungszentrum Hammelburg werden realistische Szenarien durchgespielt. Wo gehe ich bei Gefechten am besten in Deckung? Wie verhalte ich mich bei einer Geiselnahme?

Das Interesse deutscher Medien an dieser Ausbildung ist enorm. Zu den „Kunden“ der Bundeswehr zählen unter anderem ARD, ZDF, Deutsche Welle und Stern. In einem Krieg ohne Regeln wohl leider nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

„Hurra, ich bin eingebettet“

Nur nicht vereinnahmen lassen, lautet das Kredo vieler Journalisten. Glaubwürdige Berichterstattung, Bilder von vielen Seiten, das wollen Fernsehzuschauer. „Embedded journalism“, „eingebetteter Journalismus“ nennt sich der neue Kompromiss. Erfunden vom amerikanischen Militär – dankend aufgegriffen von der Weltpresse. Kaum ein Medium, das in den vergangenen Wochen keinen eingebetteten Journalisten hatte.

Die Idee der Einbettung entstand im Januar dieses Jahres. Das Pentagon lud die wichtigsten Chefredakteure nach Washington. Hintergrund: Die Desinformation von Journalisten im zweiten Golfkrieg und im Afghanistan-Feldzug verärgerte die Redaktionen. Gemeinsam fiel die Entscheidung: 500 auszuwählende Journalisten dürfen US-Truppen begleiten. Der Run auf die Akkreditierungen begann – auch für deutsche TV-Sender. ZDF-Reporter Roland Strumpf durfte auf dem Flugzeugträger U.S.S. Theodor Roosevelt mitfahren. Mit an Bord war Lothar Keller für RTL und n-tv. Sein Kollege Ulrich Klose begleitete das 3. US-Panzerbataillon in Irak. Von der U.S.S. Truman berichtet der US-Amerikaner Jay Tuck für die Tagesschau im „Ersten“. „Tuck kann nur über die US-Sicht der Dinge berichten, Informationen nicht prüfen“, gaben die Macher der Nachrichtensendung zu. Weiterhin begleiteten Alexander Stenzel und Armin Staudt (WDR), Stephan Hallmann (ZDF) und Guido Schmidke (Sat 1, n24) die Truppe im Irak.

Er konnte nur aus US-Sicht berichten: Jay Tuck berichtete für die Tagesschau im Ersten von der U.S.S. Truman.
Bild: NDR


Die Vorteile der Einbettung für das Militär lagen auf der Hand. Die US-Army wollte motivieren und die Zahl der Kriegsbefürworter erhöhen. „Kameradisierung“, so das Zauberwort der gedanklichen Urheber im Pentagon. Das System ist simpel: Ein Journalist, der mit Soldaten vom Essen bis zum Schlafplatz alles teilt, wird Teil der Truppe – und befangen.

Kein Recht auf Wahrheit?

Die eingebetteten Journalisten konnten keine Hintergrundberichte liefern, das war klar. Zu gering war der Informationswert, den sie von den Presse-Offizieren erhielten. Zudem bestimmte das Militär, was gesendet werden durfte und was nicht. Wer sich an die vorgegebenen Regeln hielt, bekam keine Probleme. So wusste in einer Live-Schaltung der RTL-Reporter Ulrich Klose keine Antwort auf die Frage, wo genau er sich befände.

Ulrich Klose berichtete als embedded journalist aus dem Südirak.
Bild: Copyrights by RTL®

Wer die Regeln missachtete, war raus. So geschehen bei dem CNN-Korrespondenten Phil Smucker. Er habe in einem Interview zu viele Details Preis gegeben und wurde deshalb von US-Soldaten in den Iran gebracht, berichtete die Nachrichtenagentur afp am 29. März. Pentagon-Sprecher Tim Blair kommentierte in Washington, nach Auffassung des zuständigen Kommandeurs der Marineinfanteristen habe Smucker mit dem Interview „die Sicherheit der Truppe gefährdet“. Und das, obwohl der Journalist nicht offiziell eingebettet war. Trotzdem durfte er die Soldaten begleiten. Und trotzdem nannte er den Aufenthaltsort der Truppe. Schließlich ist er Journalist.

Einige Punkte des Verhaltenskodex für die „embedded journalists“ seien problematisch, sagte auch die Journalisten-Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG). Ihre Kritik stieß auf offene Ohren. Die Reaktion auf die Äußerung von Reporter ohne Grenzen: Ein ROG-Journalist durfte ein US-Bataillon begleiten - um die Arbeitsbedingungen für Kriegsreporter zu überprüfen.

Prof. Peter Voß, Intendant des SWR:

"Generell war die Informationspolitik der Amerikaner und Briten sehr viel korrekter als im vorigen Golfkrieg."

Bild: SWR

Anderer Meinung ist SWR-Intendant Peter Voß. In einem Interview mit der SWR-Zeitschirft „Doppelpfeil“ verteidigte er die „embedded journalists“: „Beim vorigen Golfkrieg haben wir bemängelt, dass unsere Reporter nicht an die Front durften. Der eine oder andere Reporter mag sich da als Propagandist betätigen, doch für solche Fälle haben wir die Möglichkeit der Einordnung und Relativierung. Generell war die Informationspolitik der Amerikaner und Briten sehr viel korrekter als im vorigen Golfkrieg.“

Ungefilterte, ungeordnete Informationen für Zuschauer

Aber auch die Kritik gegenüber den Journalisten in Deutschland ist offenkundig. Objektives Einordnen der Ereignisse habe gefehlt. Bernd Gäbler, Chef des Adolf Grimme Instituts, kritisierte in einem Interview des „Manager-Magazins“, auch die Experten hätten besser beobachtet werden sollen. Als Beispiel führte er das ZDF an: „Deren Militärexperte Klaus Reinhardt spricht immer in der Wir-Form, wenn er die Truppenbewegungen beschreibt - ohne dass er korrigiert wird. Das geht so nicht.“ Bernd Gäbler meinte außerdem, es gab „viel zu viele Live-Berichte, zu viele Schaltungen zu Korrespondenten, die substanziell keine neuen Infos bieten.“ Die vielen neuen Techniken – Videophone und Live-Schaltungen im Split-Screen ließen den Krieg in seinen Augen dadurch „fast unwirklich, spielerisch, wie ein Sportereignis“ erscheinen. „Es wird von Schauplatz zu Schauplatz geschaltet, immer dorthin, wo gerade etwas los ist“, kritisierte er.

Das ZDF versuchte schon im Vorhinein, solche „Angriffe“ zu vermeiden – offensichtlich nicht ganz erfolgreich. Es richtete ein Schaltzentrum ein, wo alle Bilder und Meldungen gebündelt wurden. Die Aufgabe der Redakteure bestand dort im Bewerten, Einordnen und Vergleichen. Spiegel-Online zitierte Chefredakteur Brender mit folgendem Eingeständnis: „Das war unser Hauptproblem. Eine Solche Puzzle-Arbeit hatten wir noch nie.“

„Werden wir heute wieder so eine tolle Show präsentiert bekommen?“, fragten Journalisten nach der ersten Kriegs-Woche in einer vom ZDF übertragenen Pressekonferenz aus dem Weißen Haus. Wer aber sollte darauf antworten? Die Protagonisten im Oval-Office und im Pentagon? Oder doch die Medien selbst? Reichlich Stoff also für Diskussionen. Und wo diese im TV endeten, gingen sie im Internet heiter weiter. So konnte und kann man seit einigen Tagen im Forum auf www.journalismus.com das Für und Wider der großformatigen Pixelbilder, die die Welt aus dem Irak per Videophones erreichten, nachlesen. Und sogar Fanseiten über Korrespondenten wie ihn oder Antonia Rados stehen seither online.

Abreise aus Bagdad

Ein Großteil der Reporter ist mittlerweile wieder zu Hause. Am 13. April berichtete beispielsweise RTL, dass seine Korrespondenten Ulrich Klose und Antonia Rados Irak am Vortag verlassen hatten. Klose war insgesamt knapp fünf Wochen als "embedded correspondent" in die 3. US-Infanteriedivision eingebettet, Rados war bereits seit Januar vor Ort. RTL ist weiterhin präsent. Mehrere Reporter berichten noch immer vom zerstörten, ungeordneten Irak.

Und die Arbeit der Reporter scheint sich auszuzahlen. Ulrich Tilgner und Antonia Rados erhielten den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für Fernsehjournalismus. Begründung: Beide hätten „unter den extremen Bedingungen der Kriegsberichterstattung ihre journalistische Unabhängigkeit bewahrt und bewiesen."

Ein wenig enttäuscht zeigte sich Antonia Rados in einem Interview mit der Tageszeitung Die Welt. Vor dem Krieg hatte sie die aufwändige Dokumentation "Mein Freund Saddam" gedreht. Nach der Ausstrahlung glaubte sie, dass es ein wenig still geblieben war. „Dabei habe ich das als große journalistische Leistung empfunden, aber das wird anders gewertet. Mit dem Krieg kommt dann plötzlich die Ehre.“ Denn auch für die Reportage erhielt sie eine Auszeichnung: den „Romy“-Medienpreis. Wie Antonia Rados die ersten Wochen in Paris verbringen wollte? „Nichts werde ich tun. Einfach nichts. Essen, schlafen, ins Kino gehen, Zeitungen und Bücher lesen - alles was man so schön als Müßiggang bezeichnet. Und bei all dem die Uhr vergessen. Einfach ohne Uhr leben.“

Live aus Bagdad zugeschaltet: Antonia Rados erhielt für ihre Dokumentation "Mein Freund Saddam" den Medienpreis "Romy". RTL-Informationsdirektor Hans Mahr nahm den Preis stellvertretend entgegen.

Bild: Copyrights by RTL®

Diesen „Müßiggang" lebt Stephan Kloss offenbar noch nicht. Beispielsweise in der Sendung „NDR Talk“ berichtete er von seiner Arbeit in Bagdad. Und in solchen Gesprächen scheint sich erneut zu beweisen, dass der Irak-Krieg auch ein Medienkrieg war. Kloss berichtete, wie unglaubwürdig den Reportern der irakische Informationsminister erschien. Während hinter Mohammed Saeed al-Sahaf amerikanische Panzer durch Bagdad rollten, behauptete er noch immer, die Meldung sei eine Lüge.

Dennoch: In keinem Krieg zuvor gab es so eine Flut an Informationen und Bildern. Nie zuvor waren wir so nah und live mit dabei. Und nie zuvor gab es so viel Unsicherheit bei dem Versuch, zwischen glaubwürdigen Informationen und Propaganda zu unterscheiden. Ein weises Sprichwort sagt: Glaube nur, was du mit eigenen Augen siehst.

Mirko Zinn, Anja Fischer, 13.05.2003
Der Artikel erschien bei Freie Presse Deutschland - www.freiepresse.org